30.04.2022

"Wie ist es, queer zu sein?"

Die Kuchler Bildungswerkleiterin Margit Berger lud bei ihrem „Gespräch am Kuchltisch - Vielfalt Leben“ zur Diskussion über queere Lebenswelten ein. Sie stellte die Frage: "Wie ist es, ein Leben außerhalb der klassischen Mann-Frau-Beziehung zu führen?"

„Wie ist es, queer zu sein?“

Die Kuchler Bildungswerkleiterin Margit Berger lud bei ihrem „Gespräch am Kuchltisch - Vielfalt Leben“ zur Diskussion über queere Lebenswelten ein. Sie stellte die Frage: "Wie ist es, ein Leben außerhalb der klassischen Mann-Frau-Beziehung zu führen?"

„Ich habe schon mit fünf Jahren gemerkt, dass ich anders bin“, sagte Conny Felice im Gespräch mit Margit Berger bei der Veranstaltung „Gespräch am Kuchltisch – Vielfalt Leben“. Conny hieß früher anders, wuchs als Junge auf und spürte schon früh die Weiblichkeit in sich. Peter Gabriel erzählte, dass er seine Zuneigung zu Männern und damit sein „Anderssein“ ebenfalls schon früh seinem Tagebuch anvertraute. Gedanken begleiteten ihn dabei: „Das sollte nicht so sein …“ und „Da bin nur ich, der so ist. Ich bin der einzige auf der Welt.“ Denn in der Jugendzeitschrift BRAVO, die er damals las, ging es meist um heterosexuelle Beziehungen. „Vielleicht gab es zweimal im Jahr einen Artikel über homosexuelle Jugendliche“, sagte Gabriel. Auch Sabrina Perauer-Wallinger, erlebte dies ähnlich. Sie kannte keine lesbischen Frauen und sah sich nicht in den Artikeln der Jugendmagazine repräsentiert. Sie verliebte sich heimlich in ihre beste Freundin, führte aber eine Beziehung mit einem Mann.

Der Weg zum Ich-Sein

Alle drei versuchten zuerst ein Leben innerhalb der „Norm“ zu führen, fühlten sich aber nicht wohl dabei. „Ein Artikel über ein Trans-Mädchen gab mir zum ersten Mal das Gefühl, dass ich nicht alleine bin“, sagte Conny Felice. Doch erst als Erwachsene fuhr sie manchmal als Frau in den Urlaub und setzte sich nach und nach dafür ein, so leben zu können, wie sie war.

Peter Gabriel lebt heute mit seinem Mann zusammen. Eine Erfahrung mit einem Freund, in den er sich einmal verliebte, prägte ihn auf seinem Weg. Obwohl der Freund sich nicht in ihn verliebt hatte, reagierte dieser sehr liebevoll und sie blieben befreundet. „Diese Reaktion war so schön und so wichtig für mich“, sagte Peter Gabriel.

Sabrina Perauer-Wallinger lernte online ihre Frau kennen, mit der sie heute zwei Kinder hat. „Unsere Kleinste ist ganz stolz darauf, dass wir die einzige Regenbogenfamilie in Kuchl sind.“

Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen

Auch wenn alle drei ein normales Leben leben, „Alltag eben“, wie sie lachend bestätigten, merken sie doch noch immer, dass sie in manchen Lebensbereichen nicht gleichbehandelt werden. Erst seit 2019 gibt es die Ehe für alle. „Die Verpartnerung war eine Form der Diskriminierung“, sagte Peter Gabriel, der Sabrina Perauer-Wallinger und ihre Partnerin 2019 traute. „Wäre eine von uns gestorben, wären wir offiziell nicht verwandt gewesen“, sagt Perauer-Wallinger. „Das Erbe wäre an unsere Eltern gegangen.“ Auch die Anerkennung der Mutterschaft ihrer Frau musste erkämpft werden. Sie erhielten nicht dieselbe Förderung beim Wohnungskauf wie andere verheiratete Paare (vor 2019) und wurden, wie sie im Gespräch sagen, in ihrem Kinderwunsch nicht gleichermaßen finanziell unterstützt wie andere ungewollt kinderlose Paare.

Conny Felice erzählte von Ungleichbehandlung im Krankenhaus und darüber, wie Menschen in der Öffentlichkeit manchmal über Trans-Personen lachen. Peter Gabriel erwähnte, dass auch „schwul“ noch immer ein gängiges Schimpfwort sei.

„Wir von der HOSI (Homosexuelle Initiative) machen immer wieder auf diese Ungleichbehandlungen aufmerksam“, sagt Conny Felice. Sie spricht über den Pride Month, bei dem die LGBTQIA+ -Szene um ihre Rechte kämpft. „Wir wollen nicht irgendwelche besonderen Rechte“, sagt sie. „Wir wollen Gleichbehandlung.“

Angeregte Diskussion online als auch offline

Die Veranstaltung erfolgte hybrid, fand also nicht nur in Präsenz statt, sondern wurde auch für online Zusehende übertragen. Sowohl unter den Gästen in Präsenz als auch online kamen immer wieder Fragen auf, die gemeinsam diskutiert wurden. Klar wurde dabei: Es gibt noch immer viel Gesprächsbedarf und es gibt Offenheit und Neugierde, die sich insbesondere Conny Felice von den Menschen in der Gesellschaft wünscht.

Fotos: Salzburger Bildungswerk

Zu Besuch: Der ORF Salzburg

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